Was lesen Sie denn so?

Almute Möller

Im dritten Teil einer Umfrage unter lesebegeisterten Personen in Namibia (siehe FG 13 und 14), möchte die Felsgraffiti-Redaktion diese auch in der 15. Ausgabe fortsetzen.
Die drei Befragten mussten sich auf vier Fragen einstellen:

1. Welches Buch gehört zu Ihren absoluten Lieblingsbüchern (eines von denen für die einsame Insel… ). Schildern Sie kurz die Handlung /den Inhalt, geben Sie Gründe für Ihre Wahl. Die Antworten der Beteiligten sind mit dem Kürzel IB (Inselbuch) versehen.

2. Gibt für Sie einen Lieblingssatz oder ein bedeutsames Zitat aus diesem oder einem anderen Buch? (Kürzel ist LZ)

3. Welches sind die Top-Drei-Bücher die ebenfalls auf Ihrem „Favoriten-Regal“ stehen? (LB steht für Lieblingsbücher)

4. Was steht auf Ihrer BWL (BücherWunschListe)? (Bitte nur drei Titel)

Sommerzeit ist Urlaubs- UND Lesezeit, auch in unserem Land! Lassen Sie sich also von dem breit gefächerten Ergebnis unserer kleinen Umfrage anregen. Den Teilnehmern sprechen wir unseren herzlichen Dank aus.

Prof. Dr. Hans-Volker Gretschel

IB: Albert Vigoleis Thelen: Die Insel des zweiten Gesichts. In den Jahren 1931-1936 leben Vigoleis und seine Frau Beatrice auf der Insel Mallorca. Während ihres abenteuerlichen Aufenthalts, den sie in ärmlichen Verhältnissen unter recht zwielichtigen Figuren verbringen, üben sie je nach Gegebenheiten unterschiedliche Berufe aus, mit denen sie sich mehr schlecht als recht über Wasser halten. Wegen seiner starken und unkorrumpierbaren Abneigung gegen das Naziregime müssen die beiden nach Francos Putsch fluchtartig die Insel verlassen und gelangen nach einer abenteuerlichen Flucht nach Portugal. Thelens Schreibweise zeichnet sich durch viele Ausschweifungen aus, immer wieder reißt der Erzählstrang bei einem Stichwort und er muss die mit dem Wort assoziierte Geschichte erzählen. Seine Sprache ist von einer fast unermesslichen Vielfalt, denn er macht souverän vom Wortschatz der sechs Sprachen Gebrauch, die er beherrschte. Weiterhin gräbt er in Vergessenheit geratene Wörter und Wendungen aus und spielt mit den wortschöpferischen Variationen der Sprache.

LZ: Mein Lieblingszitat stammt aus Dürrenmatts Die Physiker. Dort sagt der Physiker Möbius: „Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.“

LB: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Der abentheuerliche Simplicissimus Teutsch; Mark Twain: Die Abenteuer des Huckleberry Finn; Günter Grass: Die Blechtrommel; Jonas Jonasson: Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.

BWL: Mark Twain: Meine geheime Autobiographie (erschienen am 1. Oktober 2012 – Mark Twain hatte verfügt, dass seine Autobiographie, sein letztes, großes Werk, erst 100 Jahre nach seinem Tod veröffentlicht werden darf); Joachim Fest: Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli; Sebastian Brant: Das Narrenschiff.

 

Elfi Göttert

IB: Max Frisch Tagebücher I, II und Entwürfe zu einem dritten Tagebuch. Mit „Tagebuch“ bezeichnet Max Frisch eine literarische Form, die sich von dem, was man unter diesem Begriff versteht, grundlegend unterscheidet. Es sind essayistische erzählende Texte, die untereinander so in Beziehung stehen, dass sich ein Geflecht wiederkehrender Themen und Motive ergibt. Mir gefällt die klare, präzise Sprache und die anregenden Gedanken. Selbst wenn die Texte mit dem klar formulierten Ergebnis einer Beobachtung oder eines Denkablaufes enden, steht dieser da als etwas, das Weiterdenken verlangt.

LZ: Aus einem Gespräch (Max Frisch mit Ekkehart Rudolph): „Bin ich der, für den mich die andern halten? Bin ich der für den ich mich selbst halte? Spiele ich eine Rolle? Welche Rollen spiele ich?“
Marcel Reich-Ranicki: „Vielleicht ist große Literatur dazu da, dass sie uns zeigt, was wir selbst längst empfunden haben, aber nie ausdrücken konnten, dass wir uns wiedererkennen.“

LB: Albert Camus: Der erste Mensch; Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon; Stefan Zweig: Die Welt von Gestern; Hilde Domin: Sämtliche Gedichte.

BWL: Alexander Solschenizyn: Was geschieht  mit der Seele während der Nacht?; Alberto Manguel: Tagebuch eines Lesers; Thomas Bernhard/Siegfried Unseld: Der Briefwechsel.

 

Andreas von Koenen
LB: Bill Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem Eine atemberaubende Reise durch Himmel, Erde, Sterne und Meere. Ein Denkspagat zwischen Atom und Unendlichkeit. Der Leser sollte schwindelfrei und psychisch stabil sein. „Wie groß ist das Universum? Was wiegt die Erde?“, sind einige Fragen mit denen man ein wenig ringen kann. Das Buch beschreibt eine faszinierende Perspektive zu den zwei großen Ordnungsprinzipien unseres Universums, nämlich RAUM und ZEIT.

LZ: Stammt vom ungarisch-deutsch-amerikanischen Physiker Leo Szilard: „Ich möchte die Tatsachen nur festhalten, damit Gott Bescheid weiß.” Daraufhin erwidert sein Freund Hans Bethe:„Glauben Sie nicht, dass Gott die Tatsache schon kennt?“ Szilard: „Die Tatsachen kennt er, aber noch nicht meine Version.“

LB: Jan-Philipp Sendker: Das Herzenhören; Martina Kempff: Die Marketenderin; Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit.

BWL: Hinrich R. Schneider-Waterberg: Der Wahrheit eine Gasse. Zur Geschichte des Hererokrieges in Deutsch-Südwestafrika 1904-1907.

Der Gerhart Hauptmann-Preis

In unserer Serie „Deutsche Literaturpreise“

Almute Möller

Als die Freie Volksbühne e.V. Berlin 1952 den Gerhart-Hauptmann-Preis auslobte, konnte sie nicht ahnen, dass sie diesen 44 Jahre später vorläufig zum letzten Mal verleihen würde. Bis dahin sollte der Preis zur Förderung des zeitgenössischen Dramas in deutscher Sprache 33 Mal vergeben werden. „Ausgezeichnet werden kann sowohl das Gesamtschaffen der Bewerber/innen als auch ein einzelnes Bühnenstück. Die Thematik der Stücke sollte sich mit gegenwartsnahen Problemen befassen, aus denen ein Bekenntnis zur Würde des Menschen, zur sozialen Gerechtigkeit und zur Idee der Freiheit spricht.“ So beschreibt literaturport.de den mit 15.000 DM (1996) dotierten Gerhart-Hauptmann-Preis.

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‘Nach zwanzig Seiten waren alle Helden tot’

Erste Schreibversuche deutscher Schriftsteller
Herausgeber: Karl Corino, Elisabeth Albertsen

Die Erinnerungen der namhaftesten deutschen Autoren, wie und bevor sie zu Erfolg und Ruhm kamen. Der Titel ist der Grass-Geschichte entlehnt, der ganz selbst ironisch schildert, wie es ihm früher gelang, sich kurz zu fassen und seine Helden nach 20 Seiten tot waren. Wer hätte gedacht, dass deutsche Schriftsteller so viel Humor haben?! Das Cover zeigt Günter Grass als 16-Jährigen.

Erste Schreibversuche von:
Karl Krolow, Ulrich Holbein, Reiner Kunze, Sten Nadolny, Ernst Jandl, Günter Grass, Kurt Bartsch, Ursula Krechel, Sarah Kirsch, Uwe Kolbe, Friederike Mayröcker, Cornelius Fischer, Adolf Muschg, Peter Härtling, Ludwig Harig, Friedrich Christian Delius, Bodo Kirchhoff, Peter Rühmkorf, Peter Roos, Günter Kunert, Kerstin Hensel, Hans Christoph Buch, Gabriele Wohmann, Elfriede Hammerl, Herbert Heckmann, Erich Loest, Dieter Kühn, Fritz Rudolf Fries, Martin Walser, Oskar Pastior, Heinz Czechowski, Karl Mickel, Hans Joachim Schädlich.

„Pennälerlyrik oder Geniestreiche – die ersten Schreibversuche von Schriftstellern sind sympathisch rührend unbeholfen oder auch bemerkenswert gut.” –Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 9/2008

 

Verlag: Autorenhaus, Dezember 2007
ISBN 3-978-3-86671276

Geiers Mahlzeit

Bernhard Jaumann

Als Walter Rogner, der jahrelang zurückgezogen gelebt hat, auf dem Einwohnermeldeamt einen neuen Pass beantragen will, erfährt er eine Überraschung. Er soll vor vielen Jahren nach Afrika ausgewandert sein. Kurzentschlossen macht er sich auf den Weg nach Namibia und trifft dort tatsächlich den zweiten Walter Rogner, einen wohlhabenden Farmer. Es beginnt ein raffiniertes Katz-und-Maus-Spiel um Wahrheit
und Lüge, um Schein und Sein. Letztendlich kann es nur einen Walter Rogner geben. Doch wer ist der Richtige?

 

Verlag: Edition Nautilus; März 2008
ISBN: 978-3-894015671

J. M. Coetzee

Manfred Loimeier

Der südafrikanische, in Australien lebende Schriftsteller J. M. Coetzee erhielt 2003 den Nobelpreis für Literatur. Seine Romane wie „Leben und Zeit des Michael K.” oder „Schande” sind Parabeln auf den Alltag im Südafrika sowohl der Apartheid als auch der Nach-Apartheid. Neben der Prosa und den Essays ist diese Monografie aber auch der frühen Lyrik gewidmet, mit der Coetzee sein belletristisches Schreiben eröffnete.
Mit dieser Gesamtschau, die auch Coetzees ersten, noch nicht ins Deutsche übersetzten Roman „Dusklands” sowie den gerade erst erschienenen jüngsten Roman „Tagebuch eines schlechten Jahres” umfasst, liefert dieser Band einen einzigartigen Einblick in das Werk eines noch keineswegs ganz entdeckten Autors.

 

Verlag: Edition Text + Kritik, Mai 2008
ISBN: 978-3-883779164

Als der Inkosi tanzen lernte

Eine aberwitzige Suche nach der afrikanischen Seele
Henning Mankell und Andrea Jeska

Mit ihren beiden Töchtern im Schlepp begibt sich Andrea Jeska auf eine Reise durch das Land der Zulus, um einen afrikanischen Alltag jenseits von Aids, Kriegen und Katastrophen zu finden. Bei skurrilen Begegnungen mit Missionaren, Wunderheilern, Stammeschefs und Ältesten verliert sie bald den Glauben an die überlegene Logik ihrer eigenen Kultur und bei Ziegengulasch mit Haaren, geplatzten Verabredungen, und undurchschaubaren Strukturen so manches Mal auch die Fassung. Mitten in der Südafrikanischen Provinz Kwazulu Natal, an einem beileibe nicht von allen guten oder bösen Geistern verlassenen Ort, lässt sich die Frage, wessen Kultur eigentlich irrwitziger ist, immer schwerer beantworten.

 

Verlag: Brendow , März 2007
ISBN: 978-3-865061645

Afrika, mein Leben

Erinnerungen einer Unbeugsamen
Wangari Maathai

Als Wangari Maathai, Gründerin des Aufforstungsprojekt „Green Belt Movement” in Kenia, 2004 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, feierte sie ganz Afrika. Nun erzählt sie die außergewöhnliche Geschichte ihres Lebens. Afrika, mein Leben erzählt bildhaft und anekdotenreich die Lebensgeschichte einer charismatischen Frau, die Hoffnung in die Welt trägt. Wangari Maathai lebt heute in Nairobi.

„Wangari Maathais Autobiographie ist unmittelbar, aufrichtig und wunderschön geschrieben – ein ergreifender Bericht über die Mühen und Triumphe des modernen Afrika.” Bill Clinton

 

Verlag: Dumont Buchverlag; Februar 2008
ISBN: 978-3-832180362

Die Sehnsucht zwischen den Zeilen

Sechs namibische Jungautoren gewinnen Preise im Wettbewerb „Literatur überwindet Grenzen“

Literatur überwindet Grenzen” lautet das Motto eines Schreibwettbewerbs, den das österreichische Jugendmagazin Perplex jährlich ausschreibt. Rund 1200 Kinder und Jugendliche aus 22 Ländern beteiligten sich kürzlich am neunten Durchgang des Wettbewerbs und reichten Lyrik- und Prosatexte zum Thema „Sehnsucht” ein. Die 132 Besten wurden am 25. April in Wien mit Buchpreisen und Urkunden ausgezeichnet – darunter auch sechs namibische Nachwuchs-Literaten.

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Nur 5 Minuten

Ich betrachte mich im Spiegel
kann nicht glauben, was ich dort seh’:
Bleich, überfordert, fast schon leblos
bildet sich mein Schatten neben mir.

Wieso?

Hektik, Stress,
wenn ich’s mir auch nur einmal erlaub’
fünf, kleine fünf Minuten verspätet zu sein
ob in der Familie, Schule – überall!

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Es könnte auch anders sein …

Zur Vorstellung seines jüngsten Romans Ander Lewens war der südafrikanische Schriftsteller André P. Brink von der namibischen Literaturgruppe KRIT eingeladen worden. Während seines Aufenthalts in Windhoek vom 31. März bis zum 4. April 2008 trat Brink mehrmals in der Öffentlichkeit auf. Helmut Sydow hat ihn dabei beobachtet.

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